Smarthome

09.04.2024
Manuela Talenta

Was sinnvoll ist

Der technologische Fortschritt schreitet enorm schnell voran. Es gibt inzwischen unzählige Möglichkeiten, sein Zuhause zum Smarthome hochzurüsten. Die grosse Auswahl kann aber auch zur Qual werden: Welche Komponenten braucht es wirklich? Und wie findet man die richtgen Smarthome-Fachleute?

Wie wäre es, ein Zuhause zu haben, das mitdenkt? Ein Zuhause, das ein Gespür für die Vorlieben seiner Bewohnerinnen und Bewohner hat? Ein Zuhause, das bei der Haus- und Gartenarbeit hilft? Das alles ist heute erhältlich. Bevor man sich allerdings ins smarte Abenteuer stürzt und sich ein buntes Sammelsurium an Geräten kauft, sollte man eines bedenken: «Für die Planung eines Smarthomes braucht es ein Gesamtkonzept. Entscheidend sind nicht all die Einzelkomponenten, sondern die richtige Kombination derselben.» Das sagt Philipp Mösli. Er ist seit über 35 Jahren ein Smarthome-Spezialist und Gründer von SFERS in Dietikon.

 

Sich beraten lassen

Es gilt also, vorab einiges zu klären: vor allem bei einem bestehenden Gebäude zuallererst die baulichen Voraussetzungen. Wer zum Beispiel smarte Technik in einen Altbau integrieren möchte, könnte bei Installationen mit dem Denkmalschutz in Konflikt geraten oder auf alte Wasser- und Elektroleitungen stossen, die erneuert werden müssen. Dann spielen der persönliche Bedarf und das vorhandene Budget wichtige Rollen. Möchte man lediglich bestimmte Einzelgeräte aus der Ferne steuern können – oder ein All-inclusive-­Smarthome? Philipp Mösli empfiehlt deshalb, von Anfang an einen auf solche Fragen spezialisierten Berater einzubeziehen. «Es braucht einen erfahrenen Integrator, eine Schnittstelle zwischen Architektur, Bauherrschaft und Elektroplanung, der die Funktionen und Möglichkeiten als Konzept versteht. Nicht alles, was heute möglich ist, ergibt auch längerfristig Sinn.»

 

WLAN oder Kabel?

Auch die Art der Datenübertragung zwischen den Komponenten sollte im Voraus geklärt werden. WLAN-Geräte sind zwar am einfachsten einzurichten, doch rät Reto Huber, Gründer des Smarthome-Spezialisten medialoft in Amriswil, davon ab: «Zum einen ist die Stabilität von WLAN nicht garantiert, zum anderen erzeugt WLAN Elektrosmog. Daher würde ich nur dann auf das drahtlose Netz setzen, wenn es nicht anders geht, zum Beispiel bei einem Umbau.» Smarthomes von medialoft sind stets verkabelt, wobei ausschliesslich das Bussystem KNX zum Einsatz kommt. «In einem Neubau müssen sowieso Leitungen zu allen Komponenten verlegt werden, die Strom benötigen», sagt Reto Huber. Philipp Mösli ergänzt: «Ein Bussystem ist nicht nur deshalb sinnvoll, weil es programmierbar ist. Es ist mittlerweile auch einfacher umzusetzen als eine konventionelle Installation.» Und last, but not least: «Ein Haus mit x Bussystemen und Sprachen wird längerfristig schwieriger zu warten sein als eines mit einem in sich abgestimmten Gesamtkonzept.»

 

Ein lokales Netzwerk für die Alarmanlage

Ein zentraler Aspekt bei Smarthomes ist die Sicherheit. Um ein intelligentes Zuhause dahingehend zu optimieren, sollten bestimmte Komponenten in Betracht gezogen werden, allen voran ein Überwachungssystem. Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob die Alarmanlage ins Gesamtsystem integriert werden soll. Reto Huber empfiehlt, dies nicht zu tun. «Wenn sich jemand einklinkt und vielleicht die Lichtsteuerung manipuliert, stört mich das weniger. Wenn aber die Alarmanlage lahmgelegt wird, dann ist mein Zuhause ungeschützt. Deshalb empfehle ich, sie als geschlossenes lokales Netzwerk zu installieren.» Philipp Mösli denkt ähnlich. «Eine Alarmanlage sollte ein in sich geschlossenes Gewerk sein. Natürlich kann sie zusätzliche wie auch übergeordnete Funktionen auslösen. Grundsätzlich muss sie jedoch autonom und ohne Verbindungen funktionieren.» Schliesskontakte werden zum Beispiel häufig mit einem Alarmsystem verbunden. Reto Huber gibt Einblick in die Praxis: «In unserem Geschäftshaus haben wir Kontakte, die melden, ob jede Tür abgeschlossen ist. Unsere Fenster im Parterre verfügen über Kontakte, die melden, ob noch ein Fenster gekippt ist. Dafür ist beim Ausgang ein Taster montiert, der mittels roter und grüner LEDs anzeigt, ob alles geschlossen ist.» Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Integration von Rauch- oder Gasmeldern in das Smarthome-System. Sie können nicht nur vor Gefahren warnen, sondern auch automatisch andere sicherheitsrelevante Massnahmen auslösen; zum Beispiel das Abschalten von Elektrogeräten oder das Öffnen von Fenstern bei Rauchalarm.

 

Szenen für den Komfort

Wer mit einem Smarthome liebäugelt, möchte aber bestimmt nicht nur ein sicheres, sondern auch ein komfortables Zuhause. Reto Huber: «Beim Komfort kommt es darauf an, was man integriert haben möchte. Möglich ist fast alles.» Dazu zählen etwa Unterhaltungselektronik oder Lichtsteuerung. Um den praktischen Nutzen zu verdeutlichen, verweist der Multimedia-Fachplaner auf sein eigenes Daheim: «Unser Haus ist ein Smarthome, das unsere Kundinnen und Kunden besichtigen können. Setze ich mich zum Essen hin, wähle ich in der Steuerungs-App die Szene ‹Essen›. Daraufhin schaltet sich die Beleuchtung im Esszimmer ein, die Küchenbeleuchtung geht aus, und sechs Leuchten werden in einer bestimmten Lichtstimmung eingeschaltet, ebenso die Aussenbeleuchtung. Das ergibt ein ganz besonderes Wohngefühl.» Gebäudeautomatiker Philipp Mösli schränkt ein: «Es gibt Funktionen, die das Haus braucht, und es gibt Funktionen, welche die Bauherrschaft zu brauchen meint. Sinnvolle Vernetzung steigert den Komfort, aber nicht um jeden Preis. Man sollte Autonomie zulassen und nur dort Verbindungen schaffen, wo es längerfristig sinnvoll ist.» Für ihn ist ein Home erst dann smart, wenn der Komfort steigt, die Bedienung vereinfacht wird und die täglichen Bedien-Bedürfnisse der Bewohnerschaft möglichst autonom erfüllt werden. «Auch wenn fast alles möglich ist: Das Haus lebt länger als die meiste trendige Technik.»

 

Zentrale Steuerung

Für welche Komponenten man sich letztlich auch entscheidet: Reto Huber rät in jedem Fall, auf ein Smarthome-System zu setzen, das komplett auf einer einzigen App läuft. «So kann es jeder – ob technikaffin oder nicht – problemlos bedienen.» Deshalb hat jedes Smarthome, das medialoft installiert, dasselbe Bedienkonzept. Entwickelt wurde es firmenintern mit dem Ziel, dass es für jedermann einfach zu verstehen ist. «Ausserdem setzen wir auf Visualisierung und Vorführung. In unserem Showroom in Amriswil ist unser Bedienkonzept integriert. Kundinnen und Kunden können es also vor Ort gleich ausprobieren.» Philipp Mösli doppelt nach: «Das müsste das Ziel eines jeden Smarthome-­Anbieters sein: die Steuerung und Visualisierung als Gesamt-Bedienkonzept, vorführbereit, erlebbar und integriert im Showroom.»

 

Obacht bei der Systemwahl

medialoft ist ein Smarthome-Anbieter unter vielen. «Den richtigen Partner zu finden, ist gar nicht so einfach», weiss Reto Huber. «Leider gibt es auch schlechte Beispiele: Dazu gehören Unternehmen, die proprietäre Systeme anbieten, also Hard- und Software, die auf herstellerspezifischen, nicht veröffentlichten Verfahren basiert. Geht ein solcher Hersteller Konkurs, können seine ehemaligen Kundinnen und Kunden ihr System nicht mehr anpassen und müssen es unter Umständen komplett ersetzen.» Das ist der Hauptgrund, weshalb medialoft ausschliesslich mit KNX-Komponenten arbeitet. Weil der Standard offen ist, können viele verschiedene Hersteller ihre Produkte danach entwickeln. Das erleichtert die Integration verschiedener Geräte von unterschiedlichen Marken enorm. In der Schweiz arbeiten rund 700 Hersteller mit diesem Bussystem.

 

Begeisterung reicht nicht

Ein weiterer Indikator für Seriosität können die Aus- und Weiterbildungen der Mitarbeitenden sein. «Nichts gegen Self-Made-Programmierer, da gibt es wirklich sehr gute Leute!», sagt der Fachmann. «Aber manchmal hat man das Gefühl, dass jeder, der mal einen einwöchigen KNX-Kurs gemacht hat, sich als Vollprofi bezeichnet. Doch da gehört schon ein bisschen mehr dazu.» So ist es nicht nur bei den Anbietern, sondern auch bei den Abnehmerinnen und Abnehmern: Die Begeisterung für smarte Geräte allein reicht nicht aus; man sollte beim Projekt Smarthome immer das Gesamtbild beziehungsweise das Gesamtsystem im Auge haben. Philipp Mösli: «Baut man ein Haus, legt man ja auch zuerst ein Fundament, bevor man die Wände hochzieht. Das sollte man auch bei einem Smarthome tun. Es braucht ein Fundament, eine Basis, auf der sich dann aufbauen lässt.»


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